WORKS ON PAPER 2013 / Arbeiten auf Papier 2013
von Renata Jaworska, Größe 15 x 20 cm
Dieses Kunstwerk wurde in folgenden Ausstellungen gezeigt:
- “ Vierstimmig – Exemplarische Wege zur Zeichnung“, Galerie Lände, Kressbronn 25. Oktober – 22. November 2015
- Jahresausstellung der Ateliergemeinschaft Münster 06. September – 09. November 2014
„Was für den Pianisten die tägliche Fingerübung, bedeutet für den Künstler die Zeichnung. Sie kann Annäherung an die Form, freies Spiel oder Festhalten flüchtiger Eindrücke sein – sie ist oft aber auch autonome künstlerische Ausdrucksweise von eigenem Wert. Zeichnen ist zudem die elementarste Form der Mitteilung, verbindet persönliche Aussage und „lesbare“ Mitteilung.
Eine Offenheit durch Widersprüchlichkeit erzeugt Renata Jaworska (Salem / Düsseldorf) mit einer Wandzeichnung. „Alle sind hier erwünscht“, steht im Treppenaufgang an die Wand geschrieben – aber im eisigem Silber säbelrasselnder Stahlgewitter und in jener Schriftype, mit der im Dritten Reich Schilder mit der Aufschrift „Juden sind hier unerwünscht“ gepinselt wurden. Spottet also die martialische Schrift der freundlichen Botschaft, oder „entschuldet“ umgekehrt die Botschaft die diskreditierte Schrifttype? Wellenlinien und eine Muschel deuten darauf hin, dass die ehrlich oder zynisch willkommen Geheißenen nicht Juden sind, sondern übers Meer gekommene Flüchtlinge. Die Menschenmassen bleiben hier unsichtbar – auf einer riesigen Zeichnung Jaworskas im Format eines gerollten Banners sind sie hingegen sichtbar: Unzählige anonyme Menschen, die hinter einer Vergitterung aus grau-schwarzer Sprühfarbe stehen.
Bei Farbe aus der Spraydose denkt man an verbotene Parolen und an Protest, angesichts des Banner-Formats des Blattes an eine Demonstration. Wofür oder wogegen richtet sie sich –und sind diese Menschen nun Demonstranten? Nur eines stellt die Künstlerin klar: Sie entfernen sich vom Betrachter. Ihr Exodus führt über die Hügel ins Irgendwo. Zeigen weitere Zeichnungen Jaworskas eine zerfallene Weltordnung? Wie zerschnittene und neu verklebte Längen- und Breitengrade wirken die netzartigen Linien mit ihren graphitgrauen Abschnitten, die zerteilte Landmassen sein könnten. Oder bildet man sich das alles nur ein? Weitere Zeichnungen sind nur noch ein Hagel von Gestrichel. Die Landschaft oder die Figur, zu der sie sich ordnen mögen, befinden sich wie bei einem Rorschachtest nur im Auge des Betrachters. Eine Antwort, die außerhalb seiner eigenen Ahnung läge, bekommt er nicht. So gehen Renata Jaworskas Zeichnungen in die Zone des Resonanzlosen. Eine Zone, die dem Statement, als das man ihre Wandschrift leicht fehlinterpretieren könnte, entgegengesetzt ist.
Vier Künstlerinnen und Künstler aus der Region Bodensee – Oberschwaben zeigen einen je ganz eigenen Weg, mit grafischer Spur umzugehen. Sie stehen exemplarisch für verschiedene Möglichkeiten in der Auseinandersetzung mit der künstlerischen Gattung Zeichnung. Neben der Bedeutung der grafischen Ausdrucksform in ihrem Werk verbindet diese vier Personen auch die Lehrtätigkeit an verschiedenen Institutionen, Schulen und Hochschulen unserer Umgebung.
Die Lände möchte die Bandbreite im Werk dieser Künstlerinnen und Künstler aufzeigen und deutlich machen, wo sie ihren Schaf-fensschwerpunkt haben, sie möchte aber auch die Zeichnung als ästhetisches Medium in den Mittelpunkt der Betrachtung setzen.
Quelle: Südkurier
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